Die Geschichte der evangelischen Täufergemeinden

Dies ist ein kurzer Abriß der Geschichte von Jesus bis zu unserer Gemeinde. Es hat nicht den Anspruch, historisch absolut korrekt zu sein.
Es ist die außergewöhnliche Geschichte unseres liebenden Gottes mit uns, den Menschen.

Weihnachten – die normale Geburt eines besonderen Kindes

Vor ungefähr 2000 Jahren kommt in Bethlehem, einem Nest im jüdischen Hinterland, ein besonderes Kind zur Welt. Es ist ein Junge. Der Sohn eines einfachen Zimmermanns. Das jüdische Heimatland, dieses Jungen steht unter römischer Besatzung und die Menschen führen einen erbitterten Guerillakrieg mit den Besetzern.

Doch Jesus, so heißt dieser junge Mann ist anders, als seine Mitmenschen. Seine Ansichten über Wert und Würde des Menschen sind radikal und scheinen überhaupt nicht zeitgemäß zu sein. Ausländer, Bettler, Kranke und Witwen behandelt er nicht wie der letzte Dreck, wie das viele seiner Zeitgenossen tun. Nein, er gibt diesen armen, hungernden und oft ausgestoßenen Menschen ihre Würde zurück, indem er sie heilt und sich mit ihnen abgibt.

Seine religiösen Ansichten jedoch sind die schlimmsten Gotteslästerungen in den Ohren der damaligen geistlichen Oberschicht. Daß er darauf beharrt der Sohn Gottes zu sein, das macht die religiösen Führer wütend. So lassen sie ihn, den Bruder der Armen und Entrechteten spüren, was es heißt, sich mit der Obrigkeit anzulegen.

Karfreitag – Urteil für Jesus: Tod durch Kreuzigung

Jesus spricht weiterhin davon, daß er der Sohn Gottes und der, den Juden von Gott versprochene, Retter ist.

Soldaten holen ihn, man fackelt nicht lange, es folgt ein kurzer Prozeß, ein für alle Mal will man ihn zum Schweigen bringen. Er wird ans Kreuz genagelt, während seine Gefährten und Freunde sich aus dem Staub gemacht haben.

Einsam und verlassen stirbt dieser Mann den Kreuzestod. Einen Tod wie man ihn sich furchtbarer und grausamer kaum denken kann. Er stirbt den Tod der Verbrecher.

Ostern – Der Hingerichtete lebt

Drei Tage später wird das Grab von Jesus leer vorgefunden. Das Gerücht, daß der Mann, der sich Jesus nannte, wieder am Leben ist, verbreitet sich wie ein Lauffeuer im Land.

Er taucht bei seinen Freunden und Gefährten noch am gleichen Tag auf. Jesus lebt, er hat den Tod besiegt, der Tod hat keine Macht mehr über ihn!

Jesus erklärt seinen Freunden, warum er sterben mußte, und sie beginnen langsam zu begreifen, daß er gestorben ist, um die Schuld, die sich die Menschen Gott gegenüber aufgeladen haben, wegzunehmen. Er sagt, daß sie diese News allen Menschen erzählen sollen. Er gibt ihnen den Auftrag zur Mission. Sie sollen die Siegesbotschaft, daß Jesus lebt und Freiheit von Schuld gefunden werden kann, den Menschen verkünden. Sie sollen den Sieg über den Tod proklamieren.

Jesus sagt dann, daß er sehr bald zu seinem Vater gehen muß, daß aber dann der Heilige Geist seinen Platz bei den Menschen einnehmen wird.

Wenig später verläßt er dann seine Anhänger, um wie er sagt, zu seinem Vater in den Himmel zu gehen.

Pfingsten – Das Feuer der Kirche

Die Zurückgelassenen Freunde von Jesus bleiben beieinander, sie beginnen zu beten. Da passiert das Wunder. Der Heilige Geist, von dem Jesus gesprochen hat, kommt und zündet ein Feuer unter den Zurückgelassenen an.

Die Kirche wird geboren. Die Christen, so nennen sich die Anhänger von Jesus, sind radikal. Sie teilen sich alles was sie besitzen. Sie kümmern sich um ihre Armen und Alten. Die Bewegung wächst rasant an. Sie scheint förmlich zu explodieren. Ausgehend von dieser einen Gemeinschaft in Jerusalem, wo Jesus gekreuzigt wurde, entstehen überall im ganzen römischen Reich neue Gemeinschaften. Die Christen beginnen in Europa Fuß zu fassen.

Überall, von der Kaserne bis zur feinen Landvilla, wird die Siegesbotschaft von Jesus erzählt. Alle Menschen sollen erfahren, was passiert ist.

Die Kirche schlüpft aus dem Ei

Doch die junge Kirche wird vom Staat und den religiösen Führern erbittert verfolgt. Viele von ihnen werden für ihre Überzeugung hingerichtet. Für sie gilt: Jesus ist mein Herr, mein Chef, niemand sonst. Das macht sie bei politischen und religiösen Führern sehr unbeliebt. Grausamst werden sie gefoltert und getötet. Doch die Bewegung der Christen ist nicht mehr zu stoppen. Man beginnt Bücher über das Leben von Jesus zu schreiben. Briefe von sogenannten Aposteln werden gesammelt. Das neue Testament der Bibel entsteht. Bald gibt es in jedem Winkel der bekannten Welt Christen. Nach etwa 300 Jahren Erfolgsgeschichte wird das Christentum offiziell zur Staatsreligion im Römischen Reich erklärt. Die Römisch-Katholische Kirche ist geboren.

Im Laufe der Jahrhunderte jedoch verliert diese Kirche mehr und mehr ihren ursprünglichen Charakter. Viele Mitglieder dieser Kirche leisten großes im Dienst der Armen und Unterdrückten. Doch andere Teile der Kirche bewegen sich immer weiter vom Anliegen Jesu weg. Wo es ursprünglich um Liebe und Vergebung ging, geht es manchen Christen mehr und mehr um die Durchsetzung von Dogmen mit Gewalt, um die Verfolgung Andersgläubiger und um Macht und Geld.

Es scheint, als wäre dieser Jesus letztendlich doch gescheitert. Teile seiner Kirche sind korrupt und ungerecht, ja sie führen sogar Kriege.

Doch das Feuer von Pfingsten, der Heilige Geist brennt noch immer. Es gibt Menschen, die auf Jesus zeigen und kritische Fragen stellen. Immer weniger können sich diese Menschen jedoch mit ihrer Kirche identifizieren. Sie beginnen sich von ihr zu distanzieren.

Es kommt zur sogenannten Reformation. Neue Kirchen entstehen. Es gibt nicht mehr nur eine Kirche, sondern plötzlich gibt es viele Kirchen. Es entstehen Landeskirchen, und vom Staat freie, unabhängige Kirchen, sogenannte Freikirchen. Dieser Trend hält bis heute an. Immer neue Kirchen entstanden und entstehen immer noch. Eine davon ist der Verband Evangelisch Taufgesinnter.

19. Jahrhundert, Nährboden für einen Neubeginn

Das frühe 19. Jahrhundert ist ein Jahrhundert voller politischer und geistlicher Umbrüche in Mitteleuropa. Die großen Landeskirchen geraten durch Korruption und Ungerechtigkeiten in Verruf. Die Menschen suchen nach Alternativen. Sie sehen die Kluft zwischen dem was in der Bibel steht und dem, was tatsächlich in den Kirchen stattfindet.

Es entstehen verschiedenste freikirchliche Bewegungen in mehreren sogenannten Wellen, welche die Menschen in ihren Bedürfnissen ansprechen. Es entstehen unter anderem die Heilsarmee, die Methodisten, die Baptisten, St. Chrishona oder die Pilgermission.

Samuel Heinrich Fröhlich, der begabte Pfarrer

Im dritten Jahr des 19. Jahrhunderts wird in der Schweiz Samuel Heinrich Fröhlich, als Sohn eines Sigristen, das ist ein Küster, geboren. Seine Eltern wollen, daß er ein Geistlicher wird. So besucht er das humanistische Gymnasium in Zürich und beginnt anschließend mit einem Theologiestudium. Nach dem Studium findet er im Kanton Aargau eine Anstellung als Pfarrverweser. Er ist ein sehr begabter Prediger. Unter ihm beginnen sich die Kirchen zu füllen. Doch er ist unbequem, bald werden seine „Bußpredigten“ zensiert, bis er schließlich abgesetzt wird.

Die Taufe und die Taufgesinnten

Fröhlich beginnt sich mit der Tauffrage auseinanderzusetzen. Ist es richtig Kinder zu taufen? Muß der Taufe nicht eine freiwillige bewußte Entscheidung vorausgehen?

Er kommt zu dem Schluß, daß jeder Mensch selbst entscheiden muß, ob er sich taufen lassen will, oder nicht. Er beginnt „seine“ Theologie öffentlich zu predigen. Er spricht sich gegen die Taufe von Kindern aus. Er kann nicht mehr in der Landeskirche bleiben.

Überall entstehen Versammlungen und Gemeinden. Der Gemeindeverband Evangelisch Taufgesinnter Gemeinden entsteht. Doch Fröhlichs Missionseifer eckt mehr und mehr an. Man will ihn nicht mehr in der Schweiz haben. Kirche und Staat machen ihm das Leben sehr schwer. Er wird aus verschiedenen Schweizer Kantonen ausgewiesen, so daß er schließlich im Exil in Straßburg eine dauerhafte Bleibe findet.

Unabhängigkeit, Mission und Isolation

Die neu entstandenen ETG Gemeinden (Evangelisch Taufgesinnte) und die Landeskirchen stehen in keinem sehr guten Verhältnis zueinander. Diskriminierungen seitens der Landeskirchen, Haß und unfaire Kritik seitens der ETG stehen auf der Tagesordnung. Mit anderen Freikirchen kommt es durch die teilweise extremen Ansichten des Gründers Fröhlich auch zum Bruch.

Die ETG Gemeinden isolieren sich mehr und mehr, das führt zu einer Art Exklusivdenken. Doch auch nach dem Tode ihres Gründers bleiben die ETG Gemeinden missionarisch tätig. Es entstehen Gemeinden in Nord- und Südamerika sowie in Mittel- und Osteuropa.

Das 20. Jahrhundert

Um die Jahrhundertwende kommt es zu einer Spaltung innerhalb der ETG Gemeinden auf der ganzen Welt. Grob gesagt spalten sie die ETG Gemeinden in einen konservativen und in einen offenen Teil. Am Anfang des 20. Jahrhunderts beginnen sich die offenen ETG Gemeinden zu institutionalisieren. Es entstehen immer mehr Gemeindehäuser. Man baut sogar Altenheime. Mitte des 20. Jahrhunderts entsteht der EMD (Evangelischer Missionsdienst) und man beginnt Missionare in alle Teile der Welt auszusenden und zu vermitteln. Außerdem beginnt man Jugendfreizeiten zu organisieren. 1962 wird ein Schloßhotel in „Unspunnen“ bei Wilderswil in der Schweiz erworben. Unter dem Namen „Credo“ wird es bis heute als Freizeitheim von den ETG Gemeinden betrieben.

In Deutschland wird das Freizeitheim „Lindenwiese“ gebaut und 1972 eingeweiht. 1984 wird der „Bund Evangelischer Täufergemeinden“ als Dachverband der ETG Gemeinden gegründet. Die Beziehungen zu anderen Freikirchen haben sich merklich verbessert. In einem Leitbild der ETG Bundesleitung von 1995 wird es so formuliert: „Innerhalb dieser Gemeinschaft aller Christen beanspruchen die Evangelischen Täufergemeinden keine Sonderstellung. Sie sind offen, von anderen Christen und Kirchen Aspekte des Reiches Gottes kennenzulernen, die in der eigenen Tradition nicht oder weniger deutlich vorhanden sind.“

Derzeit gibt es 25 aktiv mitarbeitende Gemeinden im Bund ETG, die ungefähr 2500 Mitglieder umfassen.