Geschichte der ETG Ludwigsburg
Anfänge der Gemeinde Ludwigsburg bis 1945
Zwei Handwerksgesellen aus dem Rems-Murr Kreis stoßen während eines Arbeitsaufenthaltes in der Schweiz auf die von Fröhlich gegründeten Gemeinschaften und lassen sich von ihnen taufen. Beide kehren um 1850 in ihre Heimat zurück und beginnen in ihren Häusern Versammlungen abzuhalten. Daraus entstehen später die Gemeinden in Neuhütten und Oppelsbohm.
Leute aus Stuttgart und Ludwigsburg kommen auch mit diesen Versammlungen in Kontakt und treffen sich bald auch in Ludwigsburg bei verschiedenen Leuten zu Hause. Wilhelm Kurz aus Stuttgart war dann auch schon einer der Leiter der Gemeinde Oppelsbohm und später dann in Ludwigsburg.
1910 wurde ein Versammlungshaus in der Silcherstraße 12 in Ludwigsburg Süd durch die Geschäftsleute Eugen Schiler und Willibald Sorg aus Nagold gebaut und 1911 zum ersten Mal in Adressregister erwähnt. Beide kamen auch immer aus Nagold nach Ludwigsburg zum Gottesdienst. Auch müssen gewisse Brüder aus dem Osten, Ungarn und Jugoslawien schon nach Ludwigsburg gekommen sein, und gewisse Kontakte dorthin vorhanden gewesen sein, was sich zum einen im Namen zeigt, denn 1912 wird im Adressregister auch der Betsaal der Nazarener erwähnt. Die von Fröhlich gegründeten Gemeinden hießen aber von Anfang an Gemeinschaft evangelisch Taufgesinnte, nur im Osten war der Name Nazarener bekannt. Auch die späteren Kontakte, durch die die ganzen Flüchtlinge aus dem Osten nach Ludwigsburg kamen, weisen auf eine Verbundenheit mit dem Osten hin.
1926 wandert der Älteste Kurz aus Stuttgart nach Amerika aus. Die Gemeinde fühlt sich von ihm auch ein Stück weit im Stich gelassen. Er, beziehungsweise seine Kinder, unterstützen die Gemeinde weiterhin finanziell mit größeren Geldbeträgen, die in Gemeindeprotokollen erwähnt werden und der Gemeinde oft aus einer prekären Lage heraushalfen.
Am 27.10.1929 findet die Gründung des Vereins Gemeinschaft der Evangelisch Taufgesinnte in Ludwigsburg statt und der Verein wird in Vereinsregister eingetragen. 23 Stimmberechtigte Mitglieder sind anwesend. Der erste Vorstand setzt sich aus folgenden Personen zusammen: Paul Klein, Karl Lang, Karl Krämer, Gustav Wörner, Karl Geiger.
Am 06.08.1930 werden das Grundstück und das Versammlungshaus an den Verein überschrieben und auf den Verein ins Grundbuch eingetragen. Auch im Adressregister der Stadt erscheint 1931 die Gemeinschaft der Evangelisch Taufgesinnter als Eigentümer des Gebäudes.
Den Nagoldern Geschwistern wurde der Weg nach Ludwigburg auch irgendwann zu weit und sie hielten ihre eigenen Versammlungen in Nagold. Eugen Schiler wandert dann Anfang der 30iger auch nach Amerika aus.
Im April 1931 wird der Vorstandvorsitzende Paul Klein aus nicht bekannten Gründen aus der Gemeinde ausgeschlossen. Hier wie auch schon bei der Hausüberschreibung hat Karl Graf aus Oppelsbohm leitende Funktion. Nachdem Wilhelm Kurz nach Amerika ausgewandert war, nahm er sich mit um die Gemeinde in Ludwigsburg an. Er war auch in Oppelsbohm Ältester.
Auf der am 07.03.1932 gehaltenen Jahreshauptversammlung des Vereins findet noch keine Neuwahl statt. Der Kassenbericht zeigt etwas von dem, wie es in den nächsten Jahren immer wieder aussieht. Kassenbericht: 398,40 Mark Einnahmen und 480,50 Mark Ausgaben, Defizit: 82,15 Mark. Dieser Betrag von Karl Land dem Kassier gestundet, der ihn derweilen aus der eigenen Tasche ausgelegt hat. Die Gemeinde wird durch Karl Graf ermahnt, sich selbst finanziell zu tragen und mehr zu spenden.
Paul Klein ersucht die Gemeinde 1932 wiederholt ihn vom Vorstandsposten zu entheben, woraufhin Neuwahlen stattfinden. Als neuer Vorstand wurde Fritz Seid, Hauptlehrer aus Degerloch, gewählt, der restliche Vorstand wurde bestätigt. Fritz Seid wird nun die Gemeinde bis 1961 als Vorstandvorsitzender vertreten und auch durch seine Predigten in die Gemeinde hineinwirken.
Es versammeln sich bis zum Kriegsausbruch 1939 30-40 Personen in Ludwigsburg. Die Zahl schrumpft während des Krieges auf ca. 20 Personen. Am 2. Sonntag im Monat trafen sich einige auch in Bretten und Böblingen, da aus diesen Gegenden einige in die Gemeinde kamen.
In den Kriegsjahren 39-43 finden die regelmäßigen Versammlungen statt, auch die Vereinsversammlungen sind protokolliert. Die Brüder aus dem Vorstand sind immer anwesend. In den Jahren 44 und 45 finden keine offiziellen Vereinsversammlungen statt, aber die Gemeinde trifft sich regelmäßig in diesen Jahren.
Am Sonntag früh, dem 25. März 1945 wird das Haus durch einen Fliegerangriff in Schutt und Asche gelegt. Dabei kommt auch die Haushälterin Sofie Nuber ums Leben. Ihre Leiche wird erst 3 Monate später aus den Trümmern ausgegraben und beerdigt.
Entwicklung der Gemeinde ab 1945
Nach der Zerstörung des Hauses traf sich die Gemeinde im Haus von Karl Lang, in der Unteren Reithausstraße 18. Dort war genügend Platz um die ca. 30 Personen unterzubringen. Dort fand auch Anfang 1946 die Vereinsversammlung statt, in der über das weitere Verfahren in der Gemeinde beraten wurde, vor allem wegen einem Neubau eines Gemeindehauses. Dieser wurde dann auch mit Unterstützung aus Amerika und der Genossenschaft Hilfe, dem Sozialhilfswerk der Schweizer Taufgesinnten Gemeinden beschlossen. Man entschloss sich aber den Platz in der Silcherstraße zu verkaufen und einen Platz mehr im Zentrum zu kaufen. Dieser wurde dann auch gekauft und in den nächsten Jahren das Haus in der Abelstraße 51 durch sehr viel Eigenleistung errichtet. Am 10. Dezember 1950 wurde das Haus eingeweiht.
In der Zwischenzeit kamen viele Flüchtlinge aus dem Osten nach Ludwigsburg und so wuchs die Zahl der Gottesdienstbesucher auf über 100 an. Als der Raum bei Karl Lang zu klein wurde, mietet die Gemeinde 1947 einen großen Saal für ca. 70 Personen in der Marstallstraße, in dem sie sich bis 1950 versammelten.
Viele der Flüchtlinge wohnten dann auch bei Karl und Johanna Lang. Sie wurden mit Kleider und Decken aus der Schweiz versorgt.
Paul Kaltbrunner aus der Schweiz, der zu der Zeit auch in Deutschland wohnte half maßgeblich mit den Versammlungsneubau zu planen und arbeitete auch viel unter den Flüchtlingen, wodurch viele zum Glauben kamen und in die Gemeinde aufgenommen wurden.
Bis in die 60iger herrschte reger Durchgangsverkehr von Flüchtlingen in Ludwigsburg, die dann später weiter zogen nach USA, Kanada und Australien, sich aber auch an anderen Orten in Deutschland niederließen und dort Gemeinden gründeten. So blieb die Zahl immer relativ konstant, obwohl ständig neue Leute dazukamen und andere weiterzogen.
Die Ältesten Heinrich Müller vom Bodensee und später Neuhütten und kurze Zeit Otto Bär vom Bodensee waren dann in den 50iger Älteste in Ludwigsburg. Am ersten Sonntag im Monat kam immer Besuch aus der Schweiz, welche die Gemeinde auch mit prägten. Dies hielt bis Ende der 70iger so an.
Die ursprünglichen Ludwigsburger stellten nur noch einen kleinen Teil dar. Die Brüder unter den Flüchtlingen, die natürlich ihre Ansichten aus Ungarn oder Jugoslawien mitbrachten gestalteten die Gemeinde mit. So herrschte teilweise ein Durcheinander und keine einheitliche Linie, was Lehre in der Gemeinde anbetraf.
Die Gemeinde organisierte sich zwar was den Vereinsvorstand anging selbst und einige dieser Brüder predigten auch, aber die geistliche Leitung der Gemeinde kam bis Anfang der 70iger von außerhalb.
Nachdem schon sehr bald der Speisesaal zu klein wurde, baute man 1962 an und vergrößerte diesen und auch die darüber liegende Hausmeisterwohnung bekam ein größeres Wohnzimmer.
Nachdem in Basel der Evangelische Missionsdienst gegründet worden war wurde der Missionsgedanke auch von einigen Familien in Ludwigsburg mitgetragen. Anfang der 60iger beherbergten Else und Arthur Kümmerle die ersten Missionare bei ihnen zu Hause und versuchten diesen Gedanken auch mit in die Gemeinde hinein zutragen. 1962 eröffneten sie ein Konto auf den Namen Evangelischer Missionsdienst Stuttgart und begannen die Missionsfreunde in den Deutschen Gemeinden mit Informationen zu versorgen. Es gab aber noch keine breite Unterstützung, vor allem von der Seite der Gemeindeleitungen gab es teilweise massiven Widerstand. Der erste Versuch einen offiziellen Trägerverein zu gründen scheiterte an dem massiven Widerstand im September 1963. Doch am 14.3.1965 fand dann Gründung des EMD Ludwigsburg statt. Die Vorstandsmitglieder stammten alle aus der hiesigen Gemeinde. Sie konnten den Missionsgedanken in den nächsten Jahren in die anderen deutschen Gemeinden tragen und sie für das Anliegen der Weltmission gewinnen.
Ende der 60iger traten auch vermehrt Spannungen zwischen der Gemeinde und Heinrich Müller auf, woraufhin dieser nicht mehr als Ältester geduldet wurde. Walter Kieser aus Augsburg wurde dann zuständiger Ältester der Gemeinde und auch Franz Fuchs sen. vom Bodensee war für kurze Zeit mit für Ludwigsburg zuständig.
In den 60iger entstand in Ludwigsburg auch eine Jugendgruppe, was mit kritischen Augen betrachtet wurde und auch zu einigen Spannungen führte, doch wurde den Jugendleitern auch immer wieder das Vertrauen ausgesprochen. Viele Jugendliche können aber nur schwer Fuß fassen und verlassen die Gemeinde, andere begeistern sich Gottes Sache und gehen in die Mission.
Als 1972 klar wurde, dass Friedrich Fuchs, ganz nach Ludwigsburg zurückkehren würde, wurde er recht schnell als Ältester gewählt. Er war schon vorher im Vorstand tätig und predigte auch, musste aber aus beruflichen Gründen nach Nürnberg. Mit ihm kam eine einheitlichere Linie in die Gemeinde.
In den Jahren 1977-79 wurde erneut erheblich an- und umgebaut. Der gesamte Eingangsbereich wurde vergrößert, ein weiterer Kinderstundenraum geschaffen, die Hausmeisterwohnung weiter vergrößert und etliche andere Erneuerungen vorgenommen. Die Gemeinde profitierte durch diesen gemeinsamen Bau auch innerlich, da sie wieder enger zusammen wuchsen und eine innigere Gemeinschaft die Folge war.
Im Jahre 1983 kam dann noch Wilfried Dreher als Ältester hinzu. Er und Friedrich gaben ein gutes Team ab und ergänzten sich gegenseitig.
In den 80iger Jahren beginnt sich die Gemeinde nach außen zu öffnen. Die erste Evangelisation in Zusammenarbeit mit der Bibelschule Breckerfeld wird organisiert.
Die Öffnung der Gemeinde geht weiter und vor allem auch die Jugend beginnt Anfang der 90iger auf breiter Ebene in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Allianz Veranstaltungen zu organisieren. So wurde zum Beispiel 1995 Pro Christ im Rahmen der Allianz in unserem Haus durchgeführt.
1996 stirbt Wilfried Dreher und auch Friedrich Fuchs zieht sich Ende des Jahres wegen Spannungen zwischen ihm und einzelnen Gemeindegliedern vom Ältestendienst zurück. Die Gemeinde muss einen neuen Gemeindeleiter wählen und wählt Heinz Fuchs, den Sohn von Friedrich, zum Ältesten.
Mit Heinz hat die Gemeinde einen jungen dynamischen Leiter bekommen, der offen ist für Erneuerungen und auch vorangeht.
Die Strukturen der Gemeinde werden den neuen Umständen angepasst und ein Team von Diakonen gebildet, die sich um die einzelnen Bereiche in der Gemeinde kümmern und Heinz in seiner Leitungsaufgabe unterstützen.
Im Mai 2004 wählt die Gemeinde Thomas Falkenburger als zweiten Ältesten neben Heinz Fuchs. Sie sind nun gemeinsam für die Leitung der Gemeinde verantwortlich.
Quellen
Ott, Bernhardt
1996 Missionarische Gemeinde werden. Uster: Verlag ETG
Rüegger, Hermann
1947 Die Evangelisch Taufgesinnte. Zürich: Bücherverlag ETG
Protokolle der Gemeinde ab 1929
Auszug Adressregister von Ludwigsburg Jahr 1911, 12, 31, 43
Gedanken und Erinnerungen von Lore Krämer, Fritz Judt, Jakob Gutwein, Friedrich Fuchs, Heinz Fuchs, Martha Dreher